Evaluation der psychosozialen Kinderwunschberatung

In Kooperation zwischen dem Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg (ifb), dem Zentrum für Psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum Heidelberg und der Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung (BKID) wurden Evaluationsinstrumente entwickelt, die in Zukunft sowohl bundesweit als auch international zur Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der psychosozialen Beratung bei Kinderwunsch eingesetzt werden können.

Gegenstand der Untersuchung

Das Erleben von Fertilitätsstörungen und die Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer Assistenz sind häufig mit emotionalen Belastungen für die betroffenen Frauen und Männer verbunden. Der Beratungsbedarf bei unerfülltem Kinderwunsch wird deshalb als sehr groß eingeschätzt. Die psychosoziale Beratung stellt eine Ergänzung zur ärztlichen Beratung dar und bietet Informationen sowie Unterstützung im Umgang mit emotionalen Belastungen, während und/oder nach der Inanspruchnahme reproduktionsmedizinischer Behandlungen sowie Orientierungshilfen in Entscheidungsphasen.

Die Etablierung qualifizierter Angebote zur psychosozialen Beratung bei Kinderwunsch wird in den letzten Jahren zunehmend sowohl von medizinischer/ärztlicher Seite, den Beratungsfachkräften der Schwangerschaftsberatung und den Betroffenen selbst als auch politisch gefordert. Jedoch sind bisher keine standardisierten Evaluationsinstrumente vorhanden, die zur Qualitätssicherung der Beratungsangebote beitragen und den konkreten Beratungsbedarf der Frauen und Männer bei Kinderwunsch erfassen. Um gelingende Beratungsangebote bei Kinderwunsch bedarfsgerecht und niedrigschwellig etablieren zu können, ist jedoch eine regelmäßige Bestandsaufnahme der Beratungsanliegen sowie eine Evaluierung der Beratungsprozesse erforderlich.

Projektverlauf

Im Rahmen der ersten Projektphase wurden im interdisziplinären Austausch geeignete Instrumente für die Dokumentation der psychosozialen Beratung bei Kinderwunsch entwickelt. Dabei wurden sowohl unterschiedliche Angebotsformen (Einzel-, Paar- und Gruppenberatungen) als auch der Zeitpunkt der Beratung (vor, während, nach reproduktionsmedizinischer Behandlung, ohne reproduktionsmedizinische Behandlung, weiterer Kinderwunsch, während einer Schwangerschaft oder nach der Geburt eines Kindes) berücksichtigt. Zur Erfassung der verschiedenen Perspektiven der am Beratungsprozess Beteiligten wurden zum einen Evaluationsinstrumente für die Beratungsfachkräfte, zum anderen Rückmeldebögen für die Ratsuchenden konzipiert.

Zwischen April 2016 und März 2017 wurde auf Basis dieser Instrumente eine Online-Befragung durchgeführt. Diese zielte zum einen darauf ab, die Funktionalität und Eignung der Instrumente zu prüfen, zum anderen wurden in diesem Kontext erste umfassende Daten zum Verlauf, zur Bedarfsgerechtigkeit und zu den Inhalten der psychosozialen Beratung bei Kinderwunsch in Deutschland erhoben.

Die Online-Erhebung zum Verlauf und zur Qualität der Beratung wurde durch eine schriftliche Befragung reproduktionsmedizinischer Fachkräfte im Frühjahr 2017 ergänzt. Im Rahmen dieser Paper-Pencil-Erhebung wurden Reproduktionsmedizinerinnen und Reproduktionsmediziner zur ihrer Bewertung sowie zu Empfehlungen für eine gelingende Implementierung der ergänzenden psychosozialen Beratung bei Kinderwunsch befragt.

Am 5. September 2018 fand in Nürnberg die Fachtagung "Kinderwunschberatung: Rahmenbedingungen, Qualitätssicherung und zukünftige Entwicklungen" statt.

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Bild: Martina Berg/Fotolia.com

Teaser Storch
Projektinfo

Eigenprojekt mit Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales

Laufzeit: bis 12/2019

Projektteam:

Dr. Birgit Mayer-Lewis, Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg

PD Dr. Tewes Wischmann, Institut für medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Heidelberg

Dr. Petra Thorn, Deutschen Gesellschaft für Kinderwunschberatung (BKID)

Veröffentlichungen

Mayer-Lewis, Birgit (2018): Evaluation der psychosozialen Kinderwunschberatung – Erste Studienergebnisse. In: Wischmann, Tewes/Thorn, Petra (Hrsg.): „Kinderwunsch? Beratung! – Perspektiven der psychosozialen Kinderwunschberatung in Deutschland“. 57-61. Mörfelden: FamArt Verlag.

Mayer-Lewis, Birgit/Wischmann, Tewes (2018): Psychosoziale Kinderwunschberatung aus Sicht der Reproduktionsmedizin. In: Wischmann, Tewes/Thorn, Petra (Hrsg.): „Kinderwunsch? Beratung! – Perspektiven der psychosozialen Kinderwunschberatung in Deutschland“. 51-56. Mörfelden: FamArt Verlag.

Kinderwunsch? Beratung! – Tagungsband der öffentlichen Fachtagung Hamburg, 12. und 13. Mai 2017. Der Band ist im Verlag FamART erschienen und steht kostenfrei als pdf zur Verfügung.

Mayer-Lewis, Birgit (2017): Die Familiengründung mit Gametenspende. In: Bergold, Pia/Buschner, Andrea/Mayer-Lewis, Birgit/Mühling, Tanja (Hrsg.): Familien mit multipler Elternschaft – Entstehungszusammenhänge, Herausforderungen und Potenziale. Opladen: Barbara Budrich, S. 113-141.

Mayer-Lewis, Birgit (2016): Elternschaft in Zeiten der Reproduktionsmedizin: Psychosoziale Aspekte beim Übergang zur Elternschaft. In: fit, fertil, vegan und gedopt. forum erwachsenenbildung, Heft 4/16, S. 26-30.

Mayer-Lewis, Birgit (2016): Familiengründung im Kontext reproduktionsmedizinischer Angebote. Beitrag in: Sieben, Anna/Mey, Günter (Hrsg.). Schwerpunktthema: Elternschaft als relationale Praxis. Journal für Psychologie, 24, 1, S. 91-124.

Mayer-Lewis, Birgit/Rupp, Marina (Hrsg.) (2015): Der unerfüllte Kinderwunsch. Interdisziplinäre Perspektiven. Opladen: Barbara Budrich.