Familiale Generationenbeziehungen – Hilfe- und Unterstützungsleistungen von Erwachsenen für ihre Eltern

Seit 2014 führt das Staatsinstitut für Familienforschung an der Universität Bamberg ein Forschungsprojekt zur Pflege im familialen Kontext durch. Dabei wird unter anderem untersucht, welche Pflegearrangements realisiert werden, wie die Entscheidungen für oder gegen bestimmte Pflegeformen zustande kommen und welche sozioökonomischen Folgen familiale Pflege für die Betroffenen hat.

Gegenstand der Untersuchung

Der demografische Wandel geht mit einer steigenden Zahl alter, hochbetagter und hilfe- oder pflegebedürftiger Menschen einher. Die Mehrheit von ihnen wird nach wie vor innerhalb der Familie betreut. Die Zahl der pflegenden Angehörigen, die gleichzeitig berufstätig sind, steigt Umfragen zufolge kontinuierlich an und in den kommenden Jahren wird eine wachsende Anzahl von Berufstätigen damit konfrontiert sein, Arbeit und Pflege miteinander zu verbinden. Insbesondere für die Familien selbst wird die Organisation und Sicherstellung der Versorgung und Pflege älterer Angehöriger in Zukunft noch an Relevanz gewinnen. Im Lauf der Familienentwicklung stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Familie nicht nur im Sinne der Sorge für die nachwachsende Generation, sondern immer häufiger auch im Sinne der Sorge für die ältere Generation.

Doch die Betonung der Familie als zentralen Akteur in der häuslichen Versorgung alter Menschen bedeutet nicht, dass innerhalb der Familie die entsprechenden Aufgaben und Belastungen gleich verteilt sind. Auf der Ebene der Partnerschaft ist beim Eintritt eines Pflegefalls in der Familie oft zu beobachten, dass auf traditionelle Rollenverteilungen zwischen Mann und Frau zurückgegriffen wird. Auch zwischen erwachsenen (Schwieger-)Kindern muss die Verantwortung für hilfebedürftige Eltern ausgehandelt werden. Häufig übernimmt dann eine (Schwieger-)Tochter die Hauptverantwortung für die ältere Generation. Zudem setzen sozialpolitische Rahmenbedingungen sowie gesellschaftliche und kulturelle Bewertungen bestimmte Anreize. Insofern geht es im Kontext von Pflege immer auch um Fragen der (geschlechter)gerechten Verteilung von familialer Sorge- arbeit, ebenso wie um innerfamiliale Solidarität, die Verbundenheit zwischen Eltern und erwachsenen Kindern und das gegenseitige Angewiesensein der Generationen.

Methodisches Vorgehen

Inhaltlich und methodisch erfolgt eine Beschränkung auf Erwachsene, die ihre Eltern bzw. Schwiegereltern pflegen. Auf diese Weise ist das Forschungsprojekt anschlussfähig an die abgeschlossene ifb-Studie „Betreuung von Enkelkindern“: Enkelbetreuung ist eine Form instrumenteller Unterstützung, die von der älteren Generation für ihre Kinder, d. h. für die mittlere Generation, geleistet wird. Mit dem Thema Pflege im familialen Kontext wird nun ein anderer bedeutsamer Bestandteil der intergenerationalen Transfers untersucht. Theorien des sozialen Austauschs, innerfamiliale Reziprozitätsnormen und Normen der filialen Verpflichtung verbinden die Enkelkinderbetreuung und die Pflege von (Schwieger-)Eltern als verschiedene Dimensionen der Generationenbeziehungen. Internationale Vergleiche zeigen darüber hinaus, dass sowohl bei der Kinderbetreuung durch Großeltern als auch hinsichtlich der Pflege von älteren Familienangehörigen institutionelle Rahmenbedingungen und Angebote sowie die weibliche Erwerbsbeteiligung großen Einfluss haben.

Das Projekt gliedert sich in zwei Projektphasen:

In der ersten Phase wurden Hilfe- und Unterstützungsleistungen von Erwachsenen für ihre Eltern in quantitativen Datenquellen analysiert:

  • Amtliche Statistiken
  • Special Eurobarometer 67.3 (2007)
  • SOEP 2011 und 2012
  • DEAS V 1.0 (2011)
  • SHARE Wave 2 release 2.6.0 (2006)

Die zweite Projektphase beschäftigt sich damit, wie und anhand welcher Aspekte innerhalb der Familie ausgehandelt und entschieden wird, wie die Pflege zu organisieren ist und wer aus der Familie gegebenenfalls die häusliche Pflege übernimmt. Dazu wurden zunächst zwei qualitative Experteninterviews mit Leitungen von Angehörigenberatungsstellen geführt, um auf dieser Basis Leitfäden für qualitative (episodische) Interviews mit erwachsenen (Schwieger-)Kindern von Pflegebedürftigen zu erarbeiten.nach oben

Projektinfo

Eigenprojekt mit Förderung durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration

Laufzeit: 1/2014 bis 12/2015

Projektteam: Dr. Adelheid Smolka (Projektleitung) und Dipl.-Soz. Ursula Adam in Kooperation mit Prof. Dr. Tanja Mühling (Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt, Fakultät Angewandte Sozialwissenschaften)

Veröffentlichungen

Adam, Ursula/Mühling, Tanja (2014): Familiale Pflege. Hilfe- und Unterstützungsleistungen von Erwachsenen für ihre Eltern in quantitativen Datenquellen. Bamberg: Staatsinstitut für Familienforschung, ifb-Materialien 3-2014.