Internationaler Vergleich familienpolitischer Leistungen

Das Projekt möchte einen Schritt hinaus gehen über die übliche Beschreibung von familienpolitischen Maßnahmen und Angeboten und die finanziell wirksamen Parameter genauer untersuchen. Zu diesem Zweck soll systematisch verglichen werden, wie sich die unterschiedlichen sozialen Sicherungssysteme auf die Lebensbedingungen von Familien in Deutschland, Frankreich und Schweden auswirken.

Gegenstand der Untersuchung

Die relativ niedrigen Geburtenraten in Deutschland werden sich auf lange Sicht äußerst problematisch auf die sozialen Sicherungssysteme auswirken und sind u.a. deswegen zu einem Interessensfeld der Berichterstattung in den Medien und der Politik geworden. Neben den notwendigen Reformen der Altersvorsorge werden dabei v.a. Politikansätze gesucht und diskutiert, von denen man sich eine Erhöhung der Kinderzahlen erhofft. Obwohl alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union gesunkene Geburtenraten aufweisen, bestehen doch zwischen den einzelnen Ländern bemerkenswerte Unterschiede hinsichtlich des Ausmaßes des Geburtenrückgangs. Demnach scheint den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von Elternschaft - wie der Vereinbarkeit von Familie und Beruf v.a. für Frauen, den Kosten der Kinderversorgung und -erziehung, dem Vorhandensein von institutionellen Kinderbetreuungseinrichtungen sowie von geeigneten Wohnmöglichkeiten für Familien - für das Ausmaß, in dem sich Menschen ihren Kinderwunsch erfüllen, eine große Bedeutung zuzukommen. Insbesondere die skandinavischen Wohlfahrtsstaaten und Frankreich sind beliebte Beispiele, wenn der Zusammenhang zwischen umfangreichen familienpolitischen Leistungen und überdurchschnittlich hohen Fertilitätsraten untermauert werden soll.

Vorgehensweise der Studie

Im ersten Schritt ist ein profunder Einblick in die sozialrechtlichen Rahmenbedingungen und das konkrete Leistungsspektrum der untersuchten Länder erforderlich. Diese Basis wird in Kooperation mit dem Österreichischen Institut für Familienforschung (ÖIF) geschaffen, das Detailkenntnisse der jeweiligen Steuersysteme und familienpolitischen Leistungen beisteuert. Flankierend werden Analysen des Eurobarometers und des ISSP vorgenommen, um die Tragweite und Relevanz unterschiedlicher Geschlechterrollen und Familienbilder in den drei Ländern aufzuzeigen. Anhand von Ergebnissen des Europäischen Haushaltspanels wird darüber hinaus die tatsächliche Einkommenshöhe und -struktur von Familien in den drei Ländersystemen verglichen.

Nach diesen Vorarbeiten besteht das eigentliche Novum dieser Studie darin, dass die konkreten Auswirkungen der unterschiedlichen sozialen Systeme für die materielle Lage der Familie für eine Referenzfamilie simuliert werden, wobei die jeweiligen Bedingungen der drei Länder Deutschland, Frankreich und Schweden modelliert werden. Als Referenzfamilie wird zunächst ein kinderloses, erwerbstätiges Ehepaar mit einem landestypischen Durchschnittseinkommen herangezogen. Für dieses Paar wird berechnet, welches Einkommen es vor sowie nach der Geburt des ersten Kindes erzielt und welches ihm schließlich als vierköpfige Familie zur Verfügung steht. Dabei werden verschiedene Erwerbskonstellationen (d.h. beide Vollzeit, ein Partner Vollzeit/einer Teilzeit oder nur eine erwerbstätige Person) und die daraus folgenden Einkommensunterschiede berücksichtigt. Für jedes Land ist demnach das verfügbare Einkommen der Referenzfamilie in sieben verschiedenen Konstellationen zu ermitteln. In die Berechnungen sind neben den durch das länderspezifische Steuersystem bedingten Nettoerwerbseinkommen und den direkten staatlichen Transfers v.a. die Ausgaben für die Kinderbetreuung einzubeziehen. Hierdurch wird deutlich, welche finanziellen Auswirkungen familienbiographische Übergänge - wie etwa der vom kinderlosen Paar zur Kleinfamilie - in den drei Ländern für die Betroffenen mit sich bringen. Flankierend sind die Chancen der Referenzfamilie auf Kinderbetreuungsplätze und auf Teilzeitarbeitsstellen zu bewerten und die Auswirkungen der jeweiligen Erwerbsbeteiligung auf die Altersvorsorge (Stichwort Anrechnung von Erziehungszeiten) zumindest überblicksartig zu thematisieren.

Neben den skizzierten Analysen aus der Perspektive der Referenzfamilie soll auch dargestellt werden, wie sich Deutschland im Vergleich mit Frankreich und Schweden hinsichtlich des finanziellen Einsatzes für Kinderbetreuung vs. für direkte Transfers positioniert und welchen Betrag die drei Länder jeweils für welche Leistungen ausgeben.nach oben

Projektinfo

Eigenprojekt; gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen

Laufzeit: 2005 bis 2010

Projektleitung und -bearbeitung: Dr. Tanja Mühling, Prof. Dr. Johannes Schwarze

Veröffentlichungen

Tanja Mühling & Johannes Schwarze (Hrsg.) (2011):
Lebensbedingungen von Familien in Deutschland, Schweden und Frankreich. Ein familienpolitischer Vergleich. Opladen & Farmington Hills, MI: Verlag Barbara Budrich.